Kommentar zum IGM Brennglas 2021

4/6/2022

Im November 2021

wurde ein Brennglas vom IGM Fraktionsvorsitzenden Stefan Funk veröffentlicht, in welchem er berichtet das: „Die IGM Betriebsräte wissen, dass es der Wunsch der Belegschaft ist, die Betriebsratswahl in Form einer Persönlichkeitswahl durchzuführen.“

Ist das tatsächlich so? Nach vielen Gesprächen erwächst bei mir der Eindruck, dass dieses „Wissen“ nicht mehr als ein Bauchgefühl ist.

Lassen wir aber mal an dieser Stelle Gefühle und Eindrücke beiseite. Das Betriebsverfassungsgesetz, sowie die für uns geltende Wahlordnung, kennen für Betriebe größer 200 Beschäftigte nur ein Wahlverfahren. Das ist die Listenwahl. Dies ist kein Trick und auch keine Hintertür, sondern ist per Gesetz geregelt und hat auch seine guten Gründe.(Siehe BetrVG §14a / WO §6)

Betriebspolitisch engagierte, aber unorganisierte Kollegen haben in einem so großen Betrieb beim Perönlichkeitswahlverfahren kaum eine realistische Chance jemals Betriebsrat zu werden. Die räumliche Trennung, sowie die unterschiedlichen Arbeitszeiten und Schichtmodelle machen es dem einzelnen schlicht unmöglich, ausreichend Kollegen für die Wahl zu mobilisieren.

Bei einer Listenwahl, handelt es sich um eine „echte“ Wahl mit sichtbaren Auswirkungen auf die Besetzung im Betriebsratsgremium, da jede Liste ein anderes Programm hat und Ziele und Erfolge in den Vordergrund rücken kann. Daher gibt es neben personellen auch programmatische Unterschiede. Außerdem ist die Listenwahl auch ein Schutz für Minderheitenpositionen, und Konflikte werden von vorneherein sachlicher und weniger persönlich geführt, wenn man im Schutz einer Liste steht.

Das Betriebsverfassungsgesetz steht, indem es die Listenwahl vorsieht, für eine plurale Demokratie. Seitens unserer IGM Fraktion wird angeführt, das eine Spaltung den Betriebsrat schwächt, jedoch ist es eher umgekehrt.

Man schwächt den Betriebsrat, wenn man die Bereitschaft von Kandidaten zur Vielstimmigkeit, zum Dissens, zum Austragen von Konflikten ablehnt oder gar als „spaltend“ abwertet.

Aber zurück zum Brennglas. Funk schreibt: „Mehr Demokratie geht nicht“

Also ich weiß nicht ob es wirklich demokratisch ist, wenn die größte Fraktion und die Vertauenskörperleitung gemeinsam öffentlich ihren Mitgliedern und Kollegen drohen ein „Untersuchungsverfahren wegen gewerkschaftschädigendem Verhalten“ einzuleiten. Die Aufforderung das Betriebsverfassungsgesetz zu missachten, keine Stützunterschriften zu leisten und nicht auf anderen Listen zu kandidieren macht mich sehr nachdenklich. Um diesem Untersuchungsverfahren zu entgehen habe ich nun vorsorglich meine Mitgliedschaft aufgekündigt.

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle noch ausführen, was es für Auswirkungen hat, wenn fälschlicherweise eine Persönlichkeitswahl durchgeführt wird, obwohl es mehrere Listen faktisch gibt und die stärkste Fraktion zur 23 Stimmenkampagne aufruft. Aber da sollte jeder einfach mal für sich drüber nachdenken. (WO §6 (6))

Das kommende Wahlergebnis wird uns allen ein Stimmungsbild geben, wie ihr liebe Kolleginnen und Kollegen die Lage einschätzt.

Letztlich konnten ja schon über 80% der Belegschaft bei der IGM UR-Wahl die Listenreihenfolge der IGM Liste in einer Persönlichkeitswahl festlegen. Diese Liste wird ja ausschließlich für die gesetzlich vorgeschriebene Listenwahl erstellt. Also sollte sie auch zum Einsatz kommen.
Schau dir dazu am besten das kleine Video an, was du unter diesem Beitrag findest, dort wird es super erklärt.


Lars Meyer