Leiharbeit und weitere Ungereimtheiten

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11/28/2023

Wie bei uns mit unseren Kollegen von den Leiharbeitsfirmen umgegangen wird

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Seit einigen Jahren fällt es immer häufiger und deutlicher auf, wie unsere Kolleginnen und Kollegen von den Leiharbeitsfirmen immer prekärer und fragwürdiger behandelt werden. Und dass, obwohl sie nicht unerheblich zum Erfolg des Unternehmens beitragen und sie bei uns in den Abteilungen, längst als Teil der Mannschaft aufgenommen wurden.

Ich möchte kurz auf einen Redebeitrag eines Betriebsratsmitglieds von der letzten Betriebsversammlung Bezug nehmen.

Aber erstmal der Reihe nach:

In all den Jahren, in denen wir unseren Kolleginnen und Kollegen von den Leiharbeitsfirmen mit an Bord haben, gab es immer mal wieder ein paar Wellen von Übernahmen in unser Unternehmen, teilweise befristet mit späterer Umwandlung, aber sehr oft auch direkt in unbefristete Arbeitsverhältnisse. Für jeden dieser Kollegen freut es mich nach wie vor, dass er es geschafft hat.

Leider lief dies in der Vergangenheit nicht immer so großartig ab, wie es sich im Nachhinein anhört. Sowohl in den Jahren 2014/15 als auch im Zeitraum 2018/19 war hier in Kassel die Auftragslage rückläufig, sodass man die Kollegen der Leiharbeit leider zum Monatsende abmelden musste.

Urkomisch daran ist halt nur der Punkt, dass ziemlich genau 3 Monate später die Leute zurückgeholt wurden in die Leiharbeitsfirmen. Falls ihr, liebe Leute, jetzt denkt, dass diese 3 Monatssperre gesetzlich vorgeschrieben ist, dann irrt ihr leider gewaltig.

Das Gesetz erwähnt nicht einen Satz von einer 3 Monatssperre, sondern den Fakt, dass bei einer erneuten Beschäftigung im Unternehmen innerhalb der ersten 3 Monate die vorherige Laufzeit bei uns im Unternehmen anzurechnen ist.

Diese Sperre ist hausgemacht!!!

Wo bleibt die ehrliche Kommunikation darüber, allen voran den Jungs und Mädels von den Leiharbeitsfirmen gegenüber, lieber Betriebsrat, liebe Unternehmensleitung?

Den Leuten wurde in der Vergangenheit und auch bei den letzten Übernahmen wieder Hoffnung auf eine mögliche Übernahme gemacht, immer wieder wurden sie beruhigt: „Hey, mach dir keine Sorgen.“ oder „Wenn du nicht dabei wärst, würde ich dir das jetzt hier sagen.“

Natürlich muss man realistisch sein und erkennen, dass man nicht allen den Wunsch von einer Übernahme erfüllen kann, dies ist aber auch gar nicht der Vorwurf.

Der Punkt ist der: Wenn ihr keine verbindlichen Zusagen machen könnt, dann macht doch den Leuten nicht unnötig Hoffnung auf Festanstellungen. Bleibt doch fair.

Gleiches gilt bei den Themen Ausfalltage und Arbeitsschuhe.

Während wir Stammi's von Rettungsringen wie der Halbleiter BV einigermaßen über Wasser gehalten werden, gehen unsere ANÜ's baden.

Auch hier bin ich mir dessen bewusst, dass sie de jure nicht Teil der Daimler Truck AG sind.

Bei der letzten Betriebsversammlung wurde erwähnt, dass einige Betriebsräte über den Weg der IG-Metall auf Gewerkschaftsebene auf die Leiharbeitsfirmen zugegangen sind. Diesen Schritt hat auch die Truck Initiative Kassel begrüßt und geschlossen mitgetragen.

Aber jetzt mal im Ernst, glaubt Ihr denn wirklich, dass der Betriebsrat von der Leiharbeitsfirma, von dessen Existenz bei unseren Leiharbeitern größtenteils lange Zeit noch nicht mal etwas bekannt war, mit den Zusicherungen für schnelle Lösungen um die Ecke kommt und sie feuchtfröhlich auf dem Silbertablett präsentieren wird?!

Da muss eine Lösung her, und wenn es nur eine Übergangslösung ist.

Und jetzt komme ich kurz zum Thema ''Keine Sicherheitsschuhe für ANÜ's'' von der letzten Betriebsversammlung:

Man wird wohl in der Lage sein, 300 Leiharbeitskolleginnen und -Kollegen mit Sicherheitsschuhen zu versorgen. Ja, auch hier kam das Argument der Zuständigkeit, welche nicht bei Daimler Truck liegt. Aber lassen wir mal die Kirche im Dorf. Wie wäre es mit Kulanz?! Bei so hohen Gewinnen und Free Cash Flow dürften die Kosten doch sicher verschmerzbar sein, oder?!

Doch, was dem Ganzen jetzt am Ende noch eins oben draufsetzt, ist das Thema mit dem T-ZUG für Alle. Unsere geschätzten Kolleginnen und Kollegen von PEAG, DEKRA und Co. wurden wie Waren per Flexiquotenerhöhung als Tauschmasse eingesetzt. Fast so wie beim Einkaufen. Im Klartext: Für den 6er T-ZUG, der wirklich jedem gegönnt sei, hat man als Kompromiss die Flexiquote von 16% auf 18% erhöht. Diese Forderung war eine Bedingung für den T-ZUG-6. Zwar war dies eine Entscheidung des Gesamtbetriebsrats, jedoch wurde sie hier in Kassel vom IG-Metall-Block einstimmig mitgetragen. Und das, wo doch an der Tür beim Bereichsbetriebsrat in der 80 OG ein schönes Plakat mit der Aufschrift „Festanstellung statt Leiharbeit“ hängt.

Wie kann man bei so einem starken Slogan auf dem Plakat, eine komplett gegenteilige Gesamtbetriebsvereinbarung mittragen?!

Kann man da noch ruhig schlafen, geschweige denn in den Spiegel schauen, so ganz ohne Skrupel und Scham?

Falls ihr gedacht habt, dass es erstmal alles gewesen ist, irrt ihr euch leider auch hierbei. Als Krönchen wird den ANÜ's zum Schluss noch verwehrt, an der Betriebsversammlung teilzunehmen, ohne abstempeln zu müssen. Das muss man sich mal vorstellen. Keulen bis zur Ermüdung geht, aber bezahlt als Teil der von Betriebsrat und Unternehmensleitung so gepriesenen Mannschaft teilnehmen?? Nee, lass mal... Das ist dann auch wieder nicht gewollt.

Die Informationen diesbezüglich gingen auch erst sehr spät an die Führungskräfte raus, sodass sie diese teilweise nicht mehr an die betroffenen Mitarbeiter weitergeben konnten.

Zum Abschluss sei erwähnt, dass ich es begrüße, dass der Plan besteht, unseren ANÜ's wieder eine Anerkennungsprämie zu zahlen.

Man darf nicht vergessen, dass wir die vorhandene Arbeit ohne unsere Kolleginnen und Kollegen von den Leiharbeitsfirmen nicht schaffen würden.

Oder anders gesagt: Hätten sie die Schnauze voll von dieser Art und Weise, die hier gegenüber den ANÜ's herrscht und würden einfach hinschmeißen, stünden wir ganz schön blöd dar.

Alles in Allem ist es so, dass man sich dann auch nicht wundern muss, dass sich niemand mehr über die Leiharbeitsfirmen beim Daimler Truck bewerben möchte, wenn man sich ehrlich vor Augen hält, wie mit den Leiharbeitskollegen umgegangen wird.

Menschlich gesehen, unterste Schublade...

Ich bedanke mich für Eure Aufmerksamkeit.

Ich wünsche Euch bald ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Jan Fritsche