Spaltung vom Daimler Konzern - Wurden wir belogen?!
4/7/2022
Im Jahre 2017
hat man uns auf den Betriebsversammlungen und bei einem Informationstreffen erstmals über den sogenannten „Betriebsübergang“ in Kenntnis gesetzt.
Damals haben die Betriebsräte nur die Sonnenseite hervorgehoben, man „würde diesen Betriebsübergang als richtigen Schritt in eine gute Zukunft sehen, gerade in den Zeiten, in denen es dem Unternehmen gut gänge.“ Viele von Euch werden sich bestimmt noch an das eine oder andere Gespräch bzw. an die Podiumsdiskussion erinnern.
Die Aussage von Herrn Seidel zu diesem Thema war, dass man natürlich zum Einen für die Aktionäre interessanter werden will, aber auch, damit jede Sparte für sich handlungsfähiger agieren könne. Ein Verkauf der Geschäftsanteile wäre überaus schwierig und sowieso nie in Planung.
Die „Schlechtwetterregelung“ hat man nur am Rande erwähnt, ansonsten eher unter den Tisch fallen lassen.
Jetzt sollte man sich schon die Frage stellen, ob wir da nicht getäuscht und belogen wurden. Sieht man sich nämlich die Situation heute realistisch mit der neuen Daimler Truck AG an, könnte man das durchaus anders sehen. Schließlich ist es für die Verantwortlichen jetzt leichter, die entsprechenden Aktiengesellschaft bei Verlusten zu verkaufen.
Der Gegenwind von 83437 Mitarbeitern bei Daimler Truck Europa (Stand 2019) ist immerhin geringer als der von 216767 Daimler Mitarbeitern (Ebenfalls Stand 2019). Die Zahlen sind der Grafik entnehmbar, welche ich am Ende des Artikels beigefügt habe.
Ende 2020 startete der rote Block des Betriebsrats eine Postkartenaktion. Die Idee dahinter war super, man wollte so viele Postkarten wie möglich sammeln und die Masse der Postkarten dann den Vorständen überreichen. Grund dafür war der aktuelle Sparplan, welcher Einsparungen bei Investitionen, Materialkosten und bei den Personalkosten vorsieht, siehe heutzutage das Werk Ludwigsfelde oder Untertürckheim.
Man hat uns diesbezüglich mit einer Rückmeldung alleine gelassen.
Der Eine oder Andere hat vielleicht mal hier und da etwas über die Reaktionen des Vorstandes und den weiteren Verlaufes gehört, der Großteil jedoch blieb, wie so oft, auf der Strecke.
Damals fragte ich einen unserer Bereichsbetriebsräte, ob man uns damit nicht gezielt getäuscht hat, indem man uns erst in die Sparten verkleinert und dann dem radikalen Sparkurs der Unternehmensleitung aussetzt, so dass der Widerstand wesentlich geringer ist. Die ernüchternde Antwort meines Gegenübers war nichts anderes, als das riesige Potenzial der Abtrennung der Sparten hervorzuheben und das man dies „auf gar keinen Fall“ damals so in Aussicht hatte, wie man es aktuell hätte.
Diese Antwort hat mir eine Bestätigung meines Bauchgefühls gegeben. Diesbezüglich war unser Kasseler Betriebsrat meiner Meinung nach nicht ehrlich. Aus diesem Grunde lege ich jedem ans Herz, sich genau Gedanken zu machen, wie glaubwürdig unser aktueller Betriebsrat überhaupt ist, und dies bei der Wahl zu berücksichtigen.
Gerade bei diesem wichtigen, hochsensiblen und zukunftsweisenden Thema würde dem aktuellen Betriebsrat mehr Ehrlichkeit und Transparenz nicht schaden, vor allem, wenn man an die aktuelle Entwicklung denkt.
Auch das Thema mit der Flexiquote, welche vor Jahren festgelegt wurde, die ganz klar regelt, wie viele Arbeitnehmerüberlassungen (ANÜ's, umgangsprachlich Leiharbeiter/Zeitarbeiter) bei uns im Werk arbeiten. Diese lag lange Zeit bei 8%, wurde irgendwann auf 12% gesteigert und wurde vor kurzem für die Dauer von 4 Jahren auf 20% (!!!) hochgeschraubt. Wo bleibt da die Kommunikation mit den Mitarbeitern? Noch wichtiger, wo bleibt die Begründung für diese Entscheidung?
Auch hier ist wieder deutlich erkennbar, dass Entscheidungen klangheimlich im stillen Kämmerchen getroffen werden. Daher stellt sich auch hier wieder die Frage der Ehrlichkeit und Fairness, den Kollegen der Stammbelegschaft und Führungskräfte, aber vor allem den Kollegen der Arbeitnehmerüberlassung gegenüber. Sie gehören doch zu uns, haben sich längst an uns angepasst und sind Teile unseres Teams geworden. Stattdessen wird wieder nur mit den wirklich guten Nachrichten von einigen Übernahmen gute Stimmung propagiert. Die Nachteile werden einfach weggelassen. Ein gerechter Umgang sieht einfach anders aus. Für mich sieht es ganz klar so aus, dass dies nur die nächsten Züge auf dem Daimler Schachbrett waren, wer weiß, was uns in Zukunft noch erwartet.
Dies ist meine Sicht auf die Situation vom Beginn des Betriebsübergangs von 2017 bis heute, Januar 2022. Ich jedenfalls betrachte dies mit Skepsis und Sorgen. Vielleicht seht ihr es ähnlich, vielleicht auch anders. Jedoch habe ich ein paar Kollegen getroffen, die es scheinbar genauso wahrgenommen haben. Aus diesen genannten Gründen bitte ich Euch, liebe Leser und Kollegen und Kolleginnen, Euch einfach mal Gedanken zu machen, inwieweit man uns Mitarbeitern gegenüber mit offenen Karten gespielt hat bzw. heute spielt. Diese Frage muss sich jeder selbst stellen.
Jan Fritsche